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Die ersten
Anzeichen von Sprache, Schrift und Literatur in China
Die heute in China lebenden 1,3 Milliarden Menschen in
China teilen sich in 55 Minoritäten auf. Von ihnen sprechen zirka
70-80 Prozent Putonghua, das auch als Hochchinesisch bezeichnet wird.
Anfänge der Schrift existieren schon aus der Yin-Dynastie, die zirka
1500 Jahre vor Christus begann und 1028 v. Chr. zu Ende ging. Aus der
Zeit zeigt sich das älteste Bild der chinesischen Sprache: eingeritzte
Zeichen auf Schildkrötenpanzern und Knochen, gefunden in Residenzen
aus der damaligen Zeit.
Die Zhou lösten die Yin-Dynastie ab und bereiteten der Sprache, der
Literatur und der Schrift einen enormen Aufschwung. Auf bronzenen Gefäßen
befanden sich viele Texte, die als Inschriften bereits dichterische, philosophische
und ritual-religiöse Inhalte boten. Zu Zeiten Konfuzius‘, um
500 Jahre v. Chr. fand die klassische Literatur bereits ihren Höhepunkt.
Die „Han“ führten sie um die Zeitenwende zu ihrer Blüte.
Als die Japaner, Koreaner und Vietnamesen vor 1500 bis 2000 Jahren mit
China in Kontakt kamen, fanden sie eine ihnen stark überlegene Kultur,
Sprache und Schrift vor. In großen Mengen nahmen diese Völker
die Schriftzeichen auf, was ihnen einen Aufschwung der eigenen Kulturen
bescherte. Sie besaßen zwar auch schon vorher ihre eigenen Schriftsprachen.
Aber diese waren nicht so weit entwickelt wie die chinesische.
So ähnlich die asiatischen Sprachen für Europäer auch scheinen,
sie sind doch aus ganz verschiedenen Ursprachen hervorgegangen.
Die Anfänge der Sprache und Schrift der Chinesen sind sehr weit zurückzuverfolgen.
Aber ihre eigentliche Herkunft ist nicht geklärt. Sie ist definitiv
aus keiner der Ursprachen Asiens hervorgegangen.
Das Altchinesische
Als Altchinesisch bezeichnet man die vom 11. Jahrhundert
v. Chr. bis zum 1. Jahrhundert n. Chr. in der nordchinesischen Ebene am
Mittellauf des Gelben Flusses gesprochene Sprache. Aus dieser Zeit sind
nur wenige Schriftstücke erhalten geblieben, die noch nicht erfolgreich
rekonstruiert sind.
In die Zeit der Alten Sprache fällt auch die Periode der klassischen
chinesischen Literatur. Das „Buch der Wandlungen“, das „Buch
der Lieder“, das „Buch der Schriften“ und das „Buch
der Sitten“ sind in Altchinesisch abgefaßt. Sie beeinflußten
das chinesische Denken und die Literatur der Folgezeit und sind auch heute
noch höchst repräsentativ für den chinesischen Geist.
Über Satzbau, Grammatik und Stil des klassischen Alten Chinesisch
ist viel bekannt. Es besaß sehr wahrscheinlich eine Morphologie
mit Prä- und Suffixen.
Die Schrift wird von verschiedenen Wissenschaftlern unterschiedlich bewertet.
Bernhard Karlgren vertritt in seinem Buch „Schrift und Sprache der
Chinesen“ die Auffassung, daß sie ideographisch gewesen sei
– für jedes Wort habe es ein Symbol ohne Hinweis auf die Aussprache
gegeben. Es gab weder eine phonetische Umschrift noch Wörterbücher.
Letztere seien erst in nachchristlicher Zeit entstanden.
Beim Versuch der Rekonstruktion des Altschinesischen nahm man die vielen
Dialekte zu Hilfe, die in China vorherrschen. Zwei weitere Hilfsmittel
sind das „Buch der Lieder“ und die Schriftzeichen selbst.
Das „Buch der Leider“ ist in Reimform abgefaßt, wodurch
man sich eine Erschließung der damaligen Aussprache erhoffte. Aber
es gibt leider nicht einmal Auskunft darüber, wie der Reim in China
überhaupt definiert war und deshalb läßt es nur vage Vermutungen
über die Aussprache von damals zu.
Entgegen Bernhard Karlgrens Überzeugung, die chinesische Schrift
sei eine ideographische, gibt es eine Reihe von Studien, die ihr durchaus
eine phonetische Basis zuordnen.
Auffallend ist im Chinesischen der Monosyllabismus der Stammwörter.
Europäische Ursprachen wiesen vor allem zweisilbige Stammwörter
auf. Daß auch die chinesische Sprache einmal Zweisilbigkeit besessen
hat, gilt als erwiesen. Deren letzte Spuren finden sich heute in den Tönen,
die einmal von Ableitungssilben abgestammt haben sollen.
Die letzten Zeugnisse einer Kasusreflexion (der Personalpronomen) gehören
in die Zeit der Zhou-Dynastie.
Das Mittelchinesische
Mittelchinesisch wurde vom 1. Jahrhundert bis zum 11.
Jahrhundert gesprochen. Die zeitlichen Grenzen sind nur schwer auszumachen.
Mittelchinesisch war ebenso flexionslos und isolierend wie das Neuchinesisch
heute. Es besaß allerdings acht Töne. Sie waren nötig,
um die vielen homophonen Silben zu unterscheiden. Im sechsten Jahrhundert
wurde noch zwischen „ka“ (Gesang), „kap“ (Frosch),
„kat“ (schneiden) und „kak“ (jeder, alle) unterschieden.
Doch die letzten Auslaute verschwanden mit der Zeit und die Silben glichen
so einander.
Mittelchinesisch ist eine gut erforschte und rekonstruierte Sprache. Von
indischen Einwanderern wurden die Chinesen um die Zeitenwende herum dazu
animiert, ihre eigene Sprache zu analysieren. So entstanden Wörterbücher
und ab 700 nach Christus Reimlexika. In ihnen wurde die Lautsprache von
Wörtern angegeben, indem man zwei Zeichen, deren Aussprache bekannt
war, zu einer phonetischen Einheit zusammenfaßte. Das war den Philologen
eine große Hilfe. Unter Zuhilfenahme der japanischen Sprache und
neuchinesischer Dialekte ist das Schrift- und Lautbild gut bekannt. Das
hat eine große Bedeutung auch für die Erforschung der altchinesischen
Sprache, da man nur durch die Rückverfolgung auf ihre ganz alten
Spracheigenschaften schließen kann.
Das Neuchinesische
Neuchinesisch nennt man die sich ab der ersten Jahrtausendwende
in China entwickelnde Sprache.
Sie hat die Flexion endgültig „überwunden“ und kennt
weder die Konjugation von Verben noch die Deklination der Substantive.
Das Problem am Begriff der „chinesischen Sprache“ ist, daß
sie gewöhnlich als eine Sprache beschrieben wird. Doch das ist sie
nicht. Besonders zwischen Norden und Süden Chinas gibt es immense
Unterschiede. Entlang der Südküste bis zur Mündung des
„Langen Flusses“ ist diese „babylonische Sprachverwirrung“
(Karlgren) besonders spürbar. Dort gibt es die ältesten und
vielfältigsten Dialekte.
1955 wurde in Peking die chinesische Sprache in acht „fangyan“
eingeteilt. Man teilte China in Sprachregionen ein und gab den so entstandenen
Regiolekten Namen
(in Klammern stehend: Name der Sprache und Anzahl der Sprecher):
Northern (Putonghua; 715 Mio Menschen)
Jiangsu.Zhejiang (Wu; 85 Mio.)
Kantonesisch (Yue; 50 Mio.)
Hunan (Xiang; 48 Mio.)
Hakka (37 Mio.)
Südliches Min (38 Mio.)
Jiangxi (Gan; 24 Mio.)
Nördliches Min (13 Mio.)
Die Einteilung ist umstritten, was bei der Sprachvielfalt
in China kein Wunder ist.
Ein Regiolekt sei an dieser Stelle noch kurz erläutert. Putonghua
ist die am meisten vertretene Sprache in China und damit gleichzeitig
in der Welt. Sie wird in der nördlichen Hälfte Chinas gesprochen.
Das Gebiet erstreckt sich von Mandschuria bis zu den südwestlichen
Provinzen Sichuan und Yunnan und den nordwestlichen Provinzen Gansu und
Ningxia. Da im Norden Chinas die Fortbewegung mit dem Pferd sehr praktisch
und schnell war und es oft zu barbarischen Angriffen kam, die Fluchtwellen
auslösten, herrschte mehr Bewegung innerhalb dieser Landflächen.
Das wird dazu geführt haben, daß die Sprache dank der umfassenderen
Kommunikation etwas homogener geblieben ist. Putonghua wird heute als
das „Moderne Standard - Chinesisch“ angesehen.
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