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Wochenendbericht 19./20. Oktober 2002

Die angenehme Fahrt mit dem Bus, gestohlene Fahrräder zu angemessenen Preisen, Müllberge

und weitere deutsch-chinesische Feststellungen

von Elisa Renschen

 

     

Heute war ich zusammen mit einem Freund auf einem chinesischen Teemarkt. Also einem Markt, auf dem Teehäuser und Teegeschäfte ihre Waren und Produkte kaufen, man aber auch als Privatperson hingehen kann. Dieser Markt liegt im Norden von Chengdu, schon fast in der Pampa. Nicht nur, daß man das merkt an noch mehr Dreck, Schmutz und noch schlechterer Luft – auch die Menschen werden andere. Sehr unsichere Gegend, die man abends eigentlich nicht mehr als Ausländer betreten möchte. Man kann es sich wie bei Gerd Ruge vorstellen und seinen Reportagen im Grenzgebiet des Amur.
Dieses kleine Abenteuer fängt bereits mit der Busfahrt dahin an. Ein ganz normaler Linienbus, Nummer 55 (falls ihr es genau wissen wollt). Chinesische Busse sind wie DDR-Busse. Man steigt also ein und sucht sich einen Sitzplatz oder eine andere Möglichkeit, sich festzuhalten. Und dann geht die Fahrt schon los. Das typische an chinesischen Bussen ist, daß in jedem Bus eine Kassiererin mitfährt. Die kommt dann vorbei und will entweder 1 Yuan oder 2 Yuan (wenn der Bus eine Klimaanlage hat). Das sind umgerechnet 20 bzw. 40 Pfennig und man kann solange fahren, wie man möchte. Die Busfahrer hier sind zu 90% weiblich – ich glaube, das finden die ausländischen Männer ganz toll…? wurde mir so erzählt. Man wackelt dann so lang – manchmal sind die Schlaglöcher größer als der Bus; in der Stadt natürlich nicht so extrem, aber weiter außerhalb trifft das zu. Der Bus wird voller, die Kassiererin schreit (weil sie nicht mehr zu jedem einzelnen kassieren kommen kann), der Busfahrer rotzt aus dem Fenster, die Luft ist schlecht im Bus, draußen wird pausenlos gehupt und man sieht nur Chinesen. Für Menschen mit Platzangst ist das nicht zu empfehlen.

Irgendwann kommt dann selbst dieser Bus an und man begibt sich also auf diesen Teemarkt, der wirklich hochinteressant ist. Meterweise Säcke verschiedenster Teesorten gibt es dort zu entdecken. Als Laie findet man bald, daß jeder Grüntee gleich aussieht – aber dafür gibt es ganz viel Blütentee, z.B. aus Rosen oder Jasmin.
Die Leute dort jedenfalls gucken einen an, als sei man ein Außerirdischer. Manche vergessen fast, daß sie auf einem Fahrrad sitzen oder fahren im Auto irgendwo gegen. Manche sind auch echt penetrant mit ihrem Blick, und man merkt wie genervt man von dieser ständigen Anglotzerei ist. Na ja…aber Zurückstarren oder selbst, ich gebe es zu, ich habe dem einen die Zunge rausgesteckt, ändert diesen Umstand nicht. Solange man hier in China nicht zu erkennen gibt, daß man Chinesisch spricht, hat man so ziemlich seine Ruhe, denn es gibt eine Sprachbarriere. Sobald man aber auch nur annähernd zu verstehen gibt, daß man der Sprache, wenn auch nur lückenhaft mächtig ist, wird man nicht mehr in Ruhe gelassen. Und dann kann man tausendmal erzählen, daß man nicht gern Grüntee trinkt – es wird ignoriert und man bekommt ständig kleine Schäufelchen mit Tee unter die Nase gehalten, um zu schnuppern. Und sollte man sich dann doch entscheiden, einen Tee zu kaufen, beginnt der Verhandlungsmarathon, denn man kann davon ausgehen, daß der eigentliche Preis nur ¼ dessen beträgt, was der Verkäufer einen zahlen lassen will. Wenn dies jedenfalls alles geschafft ist, geht die Fahrt zurück im wackeligen Bus in sicheres Gebiet (zurück war es Linie 99).

Eine weitere Fortbewegungsmöglichkeit kann das Fahrrad sein. Doch woher bekommt man dieses? Man geht auf einen Fahrradschwarzmarkt und stürzt sich ins Getümmel. Dort bekommt man alles – nur eben illegal, weil z.B. frisch gestohlen, zu angemessenen Preisen. Verhandelt wird sehr schnell, man fährt eine kleine Runde, übergibt das Geld und schon ist der Verkäufer in der Menge untergetaucht und man bleibt allein zurück, mit einem neuen, alten Fahrrad, das bestimmt just in dem Moment gerade einer sucht. Der Verkäufer für neue, natürlich ganz sichere Schlösser steht schon bereit.

Eine weitere Auffälligkeit in China sind die Müllberge, die sich nahezu überall finden lassen, übel stinken und dazugehörige Tiere, wie Ratten und Mäuse anziehen. Alles schon gesehen….
Es funktioniert hier wie folgt: Müll wird prinzipiell erstmal irgendwo hingeschmissen. Egal ob Plaste oder Lebensmittelreste. Dann kommen meist Männer mit Fahrrädern vorbei, die so was wie einen Anhänger hinter sich herziehen und die ganze Zeit irgendwas von „Müll“ schreien [auf chinesisch natürlich]. Die sammeln das dann auf den Hänger und fahren damit zu dieser Art Mülltonnen, die an allen Straßenecken zu finden sind. Dort wird das ganze erstmal umgefüllt. Diese Tonnen quellen dann über und das erste liegt schon mal daneben. Wen kümmert’s, wenn stört’s? Es war wohl schon immer so! Hinzu kommen Temperaturen um die 30 Grad, was den Verwesungsprozeß durchaus beschleunigt.
So, abends dann, wenn’s dunkel wird tauchen dann Leute auf, die man wohl tagsüber nicht zu Gesicht bekommt. Die werfen die Tonnen um und suchen sich daraus noch irgendwelche Abfälle raus, meist Plasteflaschen und Zeitungen, die die dann wieder woanders verscherbeln. Dieses hat aber dann zur Folge, daß der Müll überall liegt, nur nicht in der Tonne und der Dreck noch weiter zunimmt.

In diesem Sinne – wan an!

 

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