Die Temperatur in meiner gesamten Wohnung liegt seit Montag abend bei
ungefähr 15 Grad Celcius. Als es mich zu frösteln begann, versuchte
ich die Heizung anzuschalten; vergebens. „Bei Problemen solle ich
das chinesische Handbuch zu rate ziehen, die Seite Fehlfunktionen“,
riet mir ein kleiner Aufkleber in Englisch auf der Fernbedienung.
Da in China zu diesem Zeitpunkt noch Feiertage waren,
erreichte ich den Immobilienmakler, der glücklicherweise ein wenig
Englisch spricht, nicht. Ich würde mich also mit Jacken und Decken
über Wasser halten müssen. Ich könnte mit dem Handbuch,
ein kleines Lagerfeuer machen, dachte ich mir, während ich meine
dicke Jacke anzog und mich auf das Sofa fallen ließ.
Mittlerweile ist es Donnerstag nacht und ich friere.
Die Zeit, die ich seit dem in meiner Wohnung war, verbrachte
ich im Bett unter Decken gekauert oder unter der heißen Dusche.
Der Makler, den ich am Mittwoch morgen erreicht hatte,
versuchte mir in gebrochenem Englisch verständlich zu machen, dass
nirgends in Beijing die Heizungen an seien. Ich teilte Ihm mit, dass mir
das relativ egal sei, denn ich würde frieren. Wenn es seinen Landsleuten
nicht so ginge, würde mich das freuen, aber ich sei gerade auf dem
besten Wege mir eine Lungenentzündung zu holen und daran hätte
ich kein Interesse.
Nein nein, die Regierung muss die Heizung anschalten.
„Maybe in November.“ Ich schüttelte ungläubig den
Kopf und sagte Ihm, ich würde mich wieder melden.
Vielleicht im November? Es war gerade erst Anfang Oktober.
Einige Sekunden später klingelte mein Telefon. „Ich könne
mit der Klimaanlage heizen“, sagte mir der Makler. Ein lustiger
Kerl, die Fernbedienung der Klimanalage ist ebenfalls in Chinesisch und
hat 13 Knöpfe. Ich stellte 30°Celsius an der Fernbedienung ein,
die Luft jedoch, die aus dem Gerät kam hatte maximal 19 Grad.
Ich war stinksauer und meine Nerven lagen blank. Abgesehen davon, dass
ich fror, schien es offensichtlich, dass mein Vermieter mich um die Heizkosten
bringen wollte.
Es war vereinbart, dass die Miete für meine Wohnung
die Heizungkosten beinhaltet, den Strom z.B. für die Klimaanlage
muss ich selbst bezahlen.
Die Freunde, denen ich davon erzählte, rieten mir
alle, dass ich dem unbedingt nachgehen solle. Peking ist größer
als Hessen. Diese Stadt kann unmöglich zentral geheizt werden. Alle
anderen in meiner Klasse hatten diese Probleme nicht, da sie bei Familien
oder im Studentenwohnheim untergebracht waren. Dort liefen die Klimaanlagen
sowieso permanent, sodass ein heizen durch Heizkörper nicht nötig
war.
Meine Geschichte jedenfalls machte eine so große
Runde, dass unser gesamter Kurs gestern in unsere Klasse darüber
Witze machten. Da die Lehrerin uns nicht verstand, erklärte Ihr einer
meiner Mitschüler die Situation. Daraufhin schaute sie mich an und
sagte. „Natürlich funktionieren die Heizungen noch nicht. Es
war doch noch kein, National Heating Day“.
„Ahh dat kenn ick noch von früha, dat hatten
wir oach in da DDR“, rief Paul aus der ersten Reihe und nickte mir
verständnisvoll zu.
Wann denn dieser Heating Day sei, es ist ja nun jetzt
schon ziemlich kalt, wollte ich wissen. Am ersten November werden die
Heizungen angeschaltet, war die Antwort.
China ist manchmal schon ein merkwürdiges Land,
aber eines muss ich sagen, diese Widerstandskraft ist beeindruckend.
Die Luft in Peking wird sich mit dem Einschalten der Heizungen massiv
verschlechtern, wobei sie schon jetzt erschreckend schlecht ist. Die Luft
ist so schlecht, dass die Regierung vor einigen Jahren alle Heizungen
in und die Schwerindustriestandorte um Beijing abschaltete kurz bevor
das Olympische Kommitee nach Beijing kam um die Stadt für die Spiele
2008 unter die Lupe zu nehmen. In diesen Tagen war der Himmel über
Beijing blau und die Sonne versteckte sich nicht hinter einem Schleier.
Offensichtlich hat der Plan der Regierung funktioniert.
Am Freitag kam dann endlich der Makler vorbei, brachte
mir neuen Strom mit und konnte mir erklären, wie ich die Klimaanlage
von kühlen auf heizen umstellen kann.
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