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Reiseroute
Chengdu - Lanzhou - XiaHe - JiaYuGuan
- Dunhuang - Chengdu
(Die zugehörigen Fotos folgen!) |
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Hier lernen wir,
1. wo Chinesen während der Feiertage nicht gern hinfahren
2. wie man ein Zugticket kauft und worauf man dabei achten muß
3. und was einem beim Zugfahren alles so für Menschen und Geschichten
passieren |
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2.
Abschnitt:
Lanzhou
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Hier lernen wir,
1. daß Auslandsstudentenwohnheim nicht gleich Auslandsstudentenwohnheim
ist
2. daß man trotzdem noch schlechter wohnen kann
3. daß man zwar fast überall Ausländer ist, aber in China
ganz besonders |
3.
Abschnitt
Ein Abstecher nach Xia
He
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Hier lernen wir,
1. was für einen Unterschied eine fünfstündige Busfahrt
herbeiführen kann
2. wie tibetische Mönche leben und wovon sie träumen
3. und wo es noch natürliche Natur in China gibt |
4.
Abschnitt
Jia Yu Guan
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Hier lernen wir,
1. daß China nicht Amerika ist, man aber trotzdem nach Jia Yu Guan
fahren sollte
2. wie schön Tourismus in China sein kann
3. wo die Große Mauer anfängt |
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5.
Abschnitt
Nach Dun Huang und zurück
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Hier lernen wir,
1. wie man einen Wüstenberg hinaufläuft und wie man es sich noch
schwerer machen kann
2. wie man einen Wüstenberg auf die einfachste Weise wieder hinunterkommt
3. daß ein Sonderpreis nicht immer niedriger als ein normaler Preis
sein muß |
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3. Abschnitt, in dem wir lernen
1. was für einen Unterschied eine fünfstündige
Busfahrt herbeiführen kann
2. wie tibetische Mönche leben und wovon sie träumen
3. und wo es noch natürliche Natur in China gibt
Ein Abstecher nach Xia He
(4./5. Oktober 2000)
[Klick!] nach oben
Heute, am 5.10.2000 bin ich mit dem Bus aus Xia He
wieder nach Lanzhou gekommen, am selben Tag heute abend um neun mit
dem Zug weiter nach Jia Yu Guan zu fahren, etwa zehn oder mehr Stunden
von hier.
Xia He ist ein langgezogenes Dorf an einer Hauptstrasse, vielleicht
drei Kilometer lang. Das Dorf ist geteilt in einen chinesischen und
einen tibetischen Teil. Doch man sollte einmal von vorn anfangen zu
erzählen, wie es denn so in Xia He aussieht.
Nach einer gefährlichen fünfstündigen Busfahrt von Lanzhou
nach Xia He, auf der wir durch eine wunderschöne Berglandschaft
fuhren mit bunt-bewaldeten Hügeln und schneebedeckten Bergen in
der Ferne, erreichten wir Xia He. Die Busstation befand sich am Anfang
des Dorfes an einem Fluß, dessen Flußbett nicht mehr aus
Wasser, sondern nur noch aus Müll bestand. Jedoch, das ist eigentlich
nicht das wichtigste. Es war recht warm in dem Dorf, das auf der einen
Seite von Hügeln mit bunten Laub- und Nadelbäumen und auf
der anderen Seite von grasbewachsenen Bergen eingerahmt wurde. Da die
Sonne schien, schwitzte man, jedoch der kühle Wind und Wolken führten
ab und zu dazu, daß man anfing zu frieren. Getreu dem Lonely Planet,
dem bekanntesten Reiseführerbuch, das vier Tschechen bei sich hatten,
die mit uns in dem selben Bus gefahren waren, suchten wir eine Herberge
namens "Taras Guesthouse", einem angeblich sehr guten und
konkurrenzlos günstigen Gasthaus in Xia He. Es sollte genau auf
der Grenzstrasse zwischen dem tibetischen und dem chinesischen Teil
des Dorfes liegen, das tat es auch und nach zwei Kilometern erreichten
wir es.
Nach dem unangenehmen Aufenthalt im Wohnheim für internationale
Studenten an der Uni Lanzhou erschien uns das Gästehaus wie ein
Fünf-Sterne-Hotel. Ehrlich gesagt war es noch viel gemütlicher
als ein solches. Das Haus war von außen hell in beigem Ton gestrichen,
sauber und fiel ansonsten nicht weiter auf. Man betrat durch einen Torweg
den Innenhof und wurde schon hier freundlich von den dort beschäftigten
Frauen und einigen Ausländern begrüßt. Alle sie mußten
wohl den Lonely Planet gekauft haben. Es war eine herrliche Atmosphäre.
Die Sonne schien in den Hof und wir kamen über ein kleines Treppchen
in den ersten Stock, wo wir nochmals herzlich begrüßt wurden
("Ihr wollt hier wohnen? - Wir haben gar keine Zimmer mehr!").
Das war jedoch nur Spaß. :-)
Wir nahmen mit den Tschechen zusammen ein Sechsmannzimmer. Es gab auch
Einzelzimmer und Zweier, aber wir dachten, das ist alles kein Problem
so.
Das Zimmer war recht geräumig. Sechs Betten, drei Tische und eine
Reihe hüfthoher Schränke vor einer Spiegelwand. Es hingen
Landschaftsbilder an der Wand und es war sauber. Guo Wei und ich waren
sehr glücklich ob dieses Umstandes und meinten, es wäre also
doch möglich, in China ein sauberes Zimmer zu finden. Es kostete
pro Person weniger als 5 DM, dort eine Nacht zu bleiben. Dazu gab es
saubere warme Duschen, warm Wasser, Teewasser, einen herrlichen Aufenthaltsraum
in tibetischem Stil mit stilvollem Ofen und eine Aussichtsterrasse.
Schön war auch das (saubere) Klo, eine westliche Toilette im ersten
und zweiten Stockwerk, was uns fast aus den Schuhen kippen ließ
vor Freude. Alles in allem waren wir sehr zufrieden.
Da wir nur diesen einen Tag Zeit hatten, machten wir uns sogleich auf
die Socken, um möglichst viel zu schaffen. Also erstes war natürlich
das tibetische Kloster Labulengsi dran, eine der größten
buddhistischen Klosteranlagen Chinas.
Auf dem Weg dorthin trafen wir einen Mönch, der uns prompt in sein
Domizil einlud. Wir waren fröhlich darüber, konnten wir doch
einmal sehen, wie das dort so aussieht. Man trat zuerst durch ein großes
verziertes Holztor in den kleinen hellen Innenhof. Links kam man durch
eine niedrige, kleine Eingangstür in die Wohnung des Mönches.
Der erste Raum maß vielleicht 2,5 mal 2,5 Meter, war sehr dunkel
und kälter als draußen. Man konnte nicht viel erkennen außer
eines kleinen Ofens und einer Herdstelle. Durch eine weitere winzige
Tür auf der rechten Seite betrat man den Schlafraum, der etwas
heller war und etwas länger als ein großes Doppelbett. Aus
Brettern war ein großes Bett dorthin gebaut, das mit kleinen Schränkchen
in der Mitte geteilt war. Auf die Frage, ob er hier mit jemandem zusammen
wohne, meinte der Mönch, er wohne allein, es sei ein Gästebett.
Die Betten waren hart wie Bretter eben sind, jedoch zeigte er, als wir
ihn darauf ansprachen auf die vielen Decken, die man zum Schlafen ausbreiten
konnte.
Die Wände waren tapeziert mit Postern von Fußballstars Asiens,
Zeitungsausschnitten von Reiseberichten und dem Tempel des Dalailama
in Indien.
Der Mönch war 26 Jahre alt und sprach chinesisch und tibetisch,
konnte aber nur tibetische Zeichen lesen. In seiner Robe verbarg er
einen Beeper…
Wir fragten, ob er es hier möge in dieser Anlage. Erst meinte er
ja, es stellte sich jedoch später heraus, daß er bald weg
wolle aus dem Ort, an dem er seit einem Jahr weilte. Viele gingen nach
Indien, erzählte er, wenige kämen von dort wieder. Einige
würde die Polizei schnappen. Den Dalailama wolle er sehen, also
müsse er hier weg. Einen anderen Hauptgrund schien es auch zu geben,
er könne ihn jedoch nicht aussprechen, sagte er leise. Er wollte
viel über Studieren in Deutschland wissen und wir redeten eine
Weile.
Dann bot ich ihm an, ihm ein Foto zu schicken von uns dreien in seinem
Innenhof. Er gab mir freudestrahlend seine Adresse - chinesische Zeichen,
die er nicht selbst lesen konnte. Wir machten ein Foto im Innenhof und
ich war, als wir ihn verließen, schon etwas in Gedanken bei seinen
Plänen und der Art, wie er lebte.
Da die Klosteranlage von außen nicht allzu interessant
war, wir aber nicht genug Zeit für einen Rundgang durch die Räume
hatten, gingen wir einmal herum, stöberten in Ecken, sahen in die
Höfe und Fenster der Gebäude und begegneten einigen seltsamen
Gestalten. Bettelnde Kinder liefen hier herum. Ein Junge, der einen
Esel den Berg hinauf begleitete, bot uns wortlos aus einer Tüte
scharfe trockene Nudeln an, die wir probierten und zerkauten. Ich holte
meine Kekse heraus und so wurde es ein fairer Tausch. Auch den zwei
bettelnden Kindern zwei Minuten später schienen meine Kekse zu
gefallen, so gab ich jedem gleich vier Stück, die sie begierig
in ihre Taschen steckten. "Schokolade" riefen sie. "Ja,
Schokolade!" rief ich zurück (natürlich auf Chinesisch
?).
Wir verließen das Gelände und wollten auf die bewaldeten
Hügel steigen, um eine bessere Übersicht zu bekommen. Nach
einer kleinen Sprungpartie über einen Zaun fühlten wir uns
frei und machten uns an den Aufstieg. Es war steil, manchmal gerade
so, daß man noch aufrecht hinauflaufen konnte. Nach einer halben
Stunde hatten wir das Ergebnis unserer Mühen vor uns: Ein wunderschöner
Ausblick auf das Dorf, das uns noch einmal die Teilung zeigte und zwar
an den unterschiedlichen Häusertypen rechts und links der trennenden
Strasse, die im rechten Winkel zur Hauptstrasse lag.
Der Abstieg war etwas schwieriger, jedoch war die Aussicht und die schöne
Natur ringsum schon beim Aufstieg ein Erlebnis, das mein Herz höher
schlagen ließ. Das konnte man in Chengdu schon einmal vermissen,
es sei denn, man befand sich in einem der größeren Parks.
Lanzhou hatte da noch weniger zu bieten gehabt, gerade mal den einen
Park am Berghang.
Unten angekommen ruhten wir kurz aus und gingen auf die Reise Nummer
drei: durch die Stadt, einkaufen oder einfach nur schauen, was es zu
sehen gab. Kurz darauf fanden wir uns in einem Restaurant wieder, denn
ohne richtiges Frühstück und richtigem Mittag knurrten uns
die Mägen.
Dann ging es weiter durch die Stadt und ich kaufte einen traditionellen
Umhängemantel, den die Menschen dort tagtäglich trugen. Der
hielt richtig warm. Die Verkäuferin im Laden war so nett, daß
sie das Ding sogar vorher anzog und vorführte, wie es getragen
wird. Der Mantel gefiel Guo Wei so sehr, daß er spät am Abend
noch beschloß, auch einen zu kaufen. Der Besitzer öffnete
extra noch einmal den Laden für den Ausländer Guo Wei.
Der Abend war ein angenehmer Ausklang. Die Sterne glänzten am Himmel,
in Chengdu ein seltener, von mir noch nicht erlebter Anblick. Wir saßen
mit den vier Tschechen, einer Französin und einem weiteren Deutschen
in dem tibetischen Zimmer und tranken meinen in Lanzhou gekauften Tee.
Am nächsten Morgen ging es zurück nach Lanzhou. Der Bus war
sehr unbequem und der Fahrer sehr unfreundlich und ohne Verstand. Aber
das soll mein Erlebnis in Xia He nicht schmälern. Wer hier in der
Nähe zum Halten kommt, der sollte sich das Flair und die übergroße
Freundlichkeit der Bewohner auf keinen Fall entgehen lassen.
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4. Abschnitt, in dem wir lernen,
1. daß China nicht Amerika ist, man aber trotzdem
nach Jia Yu Guan fahren sollte
2. wie schön Tourismus in China sein kann
3. wo die Große Mauer anfängt
Jia Yu Guan
(6./7. Oktober 2000)
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Jia Yu Guan könnte auch eine amerikanische Stadt
sein. Die Straßen sind so breit wie Fußballfelder und die
Kreisverkehre so weit, daß man Parks in der Mitte bauen könnte.
Jia Yu Guan könnte einen Großstadtfeierabendverkehr ohne Bedenken
schlucken. (In der Übertreibung liegt die Wahrheit.) Jia Yu Guan
baut auf den Tourismus. Und es baut kräftig - große Hotels,
moderne Ampelanlagen, Baumpflanzungen an den glatten Straßen - große
Geröllfreiflächen bieten noch Platz für noch mehr Hotels,
die bereits in Planung zu sein scheinen.
Ja, Jia Yu Guan könnte eine amerikanische Kleinstadt sein - alles
Fassade, modern, sauber, glatt. Es ist nicht ein Haus mehr zu sehen, das
älter als 10 Jahre ist. Die ältesten waren wohl die Wohnblocks,
die sich hinter den Fassadenhäusern an der Strasse versteckten.
Von der Art und dem Grundriß der Stadt her, bereitete sich Jia Yu
Guan offensichtlich auf den monatlichen Ansturm von tausenden Touristen
vor, die nun zu dieser Zeit, Anfang Oktober, allerdings zahlenmäßig
noch nicht so sehr ins Gewicht zu fallen schienen.
Ungeachtet dieser Bedingungen und unbeeindruckt von den ewig langen breiten
Strassen beschlossen wir, uns zu Fuß auf den Weg zu machen, ein
Hotel zu finden.
Die Stadt war überhaupt nicht chinesisch. Der Himmel war blau, die
Sonne schön und es war sehr kalt. Die Landschaft war in der unmittelbaren
Umgebung eher eintönig - sandige Steppe und Geröllwüste
prägten das Bild. Jedoch erhoben sich in der Ferne majestätisch
schneebedeckte Berge, von denen der höchste, Qilian Shan bis weit
über 4000m hoch war. Sie verliehen der an sich wüstenähnlichen
Landschaft um Jia Yu Guan einen fernen Reiz.
Während man die Strasse vom Bahnhof in Richtung Zentrum beschritt,
wechselten sich Hotels, kleine Restaurants und kleine Läden ab, alles
ohne jeglichen chinesischen Charmes, wie man ihn in Chengdu finden konnte.
Nach zwei Kilometern erreichte man einen dieser ungestümen, überdimensionierten
Kreisverkehre, die für Fußgänger nicht zu überblicken
sind. Wir liefen die kürzeste Strecke - dem Innenkreis - auf der
Strasse entlang und waren froh, den Kreisel hinter uns gelassen zu haben,
als ein Schild auftauchte, das uns dazu bewegte, nun doch lieber einen
Bus ins Zentrum zu nehmen. Das Schild wies in ebendiese Richtung und meinte
freundlich "noch vier Kilometer, meine Herren". Vom Bahnhof
bis zum Zentrum dieser an sich ja kleinen Stadt waren es insgesamt also
6 Kilometer. Die Stadt war im Ganzen ungefähr acht Kilometer lang
und etwa zwei Kilometer breit, immer entlang einer großen, breiten
Hauptstrasse.
Der Bus brachte uns zum Jia Yu Guan - Hotel. Es war groß und wahrscheinlich
teuer. Ich fragte nicht nach, sondern ging gleich in die Richtung, aus
der wir gekommen waren zurück. Wir trafen nach einem Kilometer auf
das "Jiaotong-Hotel" (Travellers Hotel), das eine gute Adresse
für uns zu sein schien. Die Mannschaft dort war allerdings vom örtlichen
Reisbüro nicht autorisiert, ausländische Gäste zu empfangen.
So stiefelten wir über die riesige Kreuzung zu dem Hotel gegenüber,
dem Xiang Guan Hotel, das sowohl autorisiert als auch eine noch bessere
Lokalität zu sein schien. Ein Doppelzimmer kostete dort 120 Yuan
(15 Euro) oder 320 Y für höhere Ansprüche. Es gab auch
noch teurere Zimmer, aber das war ja nicht unsere Intention. Das Dreibettzimmer
für 18 Y nahmen wir auch nicht, es besaß kein Bad und die Toiletten
für alle in den Hotels sind meist von bedauernswertem Zustand.
Zum Mittagessen ging es zu einen großen, modernen, überdachten
Markt, ganz im Sinne der "modernen Stadt Jia Yu Guan". Beim
Essen sprach ich mit Chinesen, und eine Frau bot uns an, uns zu den wichtigsten
zwei Sehenswürdigkeiten in der Nähe dieser Stadt zu bringen.
Es stellte sich heraus, daß sie Taxifahrerin war, was ich vorher
schon vermutet hatte, denn warum sollte jemand so selbstlos anbieten,
uns herumzukutschen. Jedoch, der Preis lag unter der offiziellen Preisliste
und so ging es erst einmal zu der Festung nahe Jia Yu Guan.
Sie war in früheren Zeiten der erste Außenposten Chinas gewesen
und lag nicht weit vom ersten und ältesten Stück der großen
Mauer entfernt. Bis zu dreißigtausend Mann waren zwischenzeitlich
hier stationiert.
Die Festung war ausgebaut zu einem "touristischen Highlight".
Das kostete dann auch gleich 30 Yuan Eintritt. Da ich meinen Studentenausweis
vergessen hatte, gab es trotz einer Diskussion mit dem verantwortlichen
Ober-Kartenkontrolleur keinen halben Preis, was mir schon etwas die Laune
senkte. Das deshalb, weil Chinesen immer so unflexibel sind und ich meinte,
daß ich überhaupt nicht wie ein Tourist, sondern eindeutig
wie ein Student aussah.
Um die eigentliche Festung herum erstreckte sich ein kleines Gebiet, das
einmal ähnlich einem Vergnügungspark ausgebaut werden soll.
Mit kleinem See, Pferden zum Reiten und Sich-fotografieren-lassen, natürlich
Souvenirhändlern, Getränkeverkäufern und Teerestaurant.
Außerdem boten kleine bunte Gefährte die Möglichkeit,
die 300 Meter leicht aufwärtsführenden Weges zur Festung zu
fahren. Dessen allem entzog sich jedoch unseres Interesses und so beschritten
wir geradewegs den Weg hinauf zur Festung. Durch ein Tor konnte man kurz
vor dem Festungseingang das eingezäunte „Touristenressort“
verlassen und einen der steinigen, schroffen Geröllberge ersteigen.
Von dort bot sich eine gute Sicht auf die Festung.
Als ich diese dann betrat, war das Er(g/l)ebnis eher ernüchternd.
Interessant war der Tempel, der aus drei Räumen bestand, von denen
allerdings zwei Souvenirshops bildeten. Zu anderen Gebäuden standen
zwar interessante Erklärungen auf Tafeln, die den früheren Zweck
offenbarten, allerdings waren es jedes Mal lediglich Souvenirhändler,
die einen dort begrüßten. So reduzierte sich der interessante
Teil der Besichtigung auf die Festungsmauern und den Blick auf das westliche
Ende der Grossen Mauer, das sich in der Ferne verlor. Wo genau sie endete,
das ließ sich von hier aus nicht ausmachen.
Eines sollte noch erwähnt werden: Das Bogenschießen von oben
in die Innenhöfe der Festung hat wirklich Spaß gemacht. Ich
habe mich nicht schlecht angestellt dabei.
Die ganze Attraktion war innerhalb von eineinhalb Stunden durchlaufen
und so ging es mit dem Taxi direkt zur nächsten weiter: "Overhanging
Wall" - die Hängende Mauer. Es handelt sich hierbei um ein Stück
restaurierter Mauer, die auf einer Länge von vielleicht 600 Metern
steil einen Berg hinaufläuft. Man sollte diese Tour auslassen, auch
wenn es nur 8 Y Eintritt kostet. Man quält sich hinauf, es bietet
sich lediglich ein Ausblick wie von der Festung auch und außerdem
fehlt diesem Mauerstück jegliche Seele. Architekturstudenten haben
sie restauriert und es beeindruckt nicht im geringsten. Immer wenn die
Chinesen „Tourismus machen“ oder wie hier in Jia Yu Guan etwas
Altes restaurieren, kommt Disneyland dabei heraus - so frisch, so sauber,
so hell. Die Große Mauer ist dort weder romantisch, noch interessant,
weder erhaben, noch "Groß".
Stattdessen sollte man sich etwas länger am ältesten Stück
der Mauer aufhalten - da wo sie beginnt. Wie bereits erwähnt, sah
man das älteste Stück der Mauer von der Festung aus im "Nichts"
verschwinden. Zu diesem Nichts zu fahren, dazu überredete uns ein
Taxifahrer im Hotel noch am Abend. Für einen Pauschalpreis ging’s
der untergehenden Sonne entgegen über Geröll und Stein hin zu
diesem, dem ältesten, dem ersten Stück der chinesischen Mauer,
es muß ungefähr 3000 Jahre alt sein. Ich trieb den Fahrer an
und wir kamen zum Sonnenuntergang dorthin. Ein Glück hatte uns der
Fahrer zu dieser Tour überredet. Hier konnte man sich richtig wohlfühlen.
Hier endete oder besser begann das größte Bauwerk der Welt.
Der Anblick war überwältigend. Die Mauer begann an einem Abgrund,
der 30 Meter in die Tiefe führte. Ohne jegliche Schutzzäune,
konnte man bis an den Abgrund herantreten und hinabschauen in die Tiefe,
wo der ShuLe-Fluß mit seinem sanften Rauschen diesem Ort die Stille
nahm. Ich war begeistert - keine Touristen, nur die Sonne, der Fluß,
die Mauer und die Ferne - auf der einen Seite wüstes Geröll-Nichts
soweit das Auge reichte auf der anderen Seite hinter dem Canyon schneebedeckte
Berge. Der Mauer folgend, sah man in der Ferne die drei Festungstürme
des ersten Außenpostens alten Chinas gegen die Barbaren aus dem
Norden, den wir zuvor besucht hatten.
Am Abend ging es noch einmal auf die Piste. Wir zogen unsere Mäntel
im tibetischem Stil aus Xia He an und stiefelten durch die Stadt auf der
Suche nach einem Restaurant. Die Chinesen schauten einen an, als sei man
nicht von dieser Welt. Sie mußten es unglaublich finden, daß
Ausländer so herumliefen. Keiner der Chinesen hier trug so etwas.
Im Restaurant mußten wir die Ausweise vorzeigen, bevor man uns glaubte,
daß wir Deutsche sind.
Am Abend, bei Dunkelheit sieht Jia Yu Guan dann doch noch recht angenehm
aus. Alle Straßenbäume sind grün beleuchtet, ebenso die
Kreisverkehrinseln. Die Stadt geht mit elektrischem Strom großzügig
um.
Alles in allem lohnte Jia Yu Guan aufgrund der Festung und des ersten
Stückes der Großen Mauer. Die Stadt selbst, die offensichtlich
anstrebt, das Las Vegas Chinas zu werden, hat nichts zu bieten. Ihr fehlt
ein richtiges Zentrum, die ist zu langgezogen. Jedoch sind die Menschen
im Gegensatz zu ihrer Stadt noch chinesisch - freundlich und sich über
Gäste von Herzen freuend. |
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5. Abschnitt, in dem wir lernen
1. wie man einen Wüstenberg hinaufläuft und wie man sich
noch schwerer machen kann
2. wie man einen Wüstenberg auf die einfachste Weise wieder hinunterkommt
3. daß ein Sonderpreis nicht immer niedriger als ein normaler
Preis sein muß
Jia Yu Guan - Dun Huang und zurück
(7.-9. Oktober 2000)
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Über 400 km sind es von Jia Yu Guan nach Dun Huang.
Mit dem großen alten Bus brauchte man 6 1/2 Stunden bis dorthin,
wobei ständig am Straßenrand stehende, winkende Menschen mit
ihrem Reisegepäck auf ihre Mitnahme hofften. Nicht umsonst…
So hielt man also oft an und die Fahrt zog sich in die Länge.
Auch Dun Huang ist eine Touristenstadt. Allerdings nicht so unchinesisch
wie Jia Yu Guan. Auf dem Weg dorthin sah man schon die Wüste, unser
Hauptziel. Gerade auf dem Busbahnhof angekommen, trafen wir einen alten
Bekannten wieder. Den Shanghaier hatten wir zum ersten Mal im Zug von
Lanzhou nach Jia Yu Guan getroffen. Nun sahen wir ihn in Dun Huang wieder,
was ein Glück war. Er half uns sofort, ein Rückticket nach Jia
Yu Guan für den nächsten Tag zu buchen, ein preiswertes und
gutes Hotelzimmer zu belegen und einen Taxifahrer zu besorgen, der uns
günstig in die Wüste brachte. Schon nach nur einer Stunde Aufenthalt
in Dun Huang saßen wir im Taxi und rasten Richtung Wüste. Es
war ein großes Glück, daß wir den Herren wiedergetroffen
hatten.
Als wir ankamen, begrüßten uns, wie konnte es anders sein,
die Souvenirhändler und Getränkeverkäufer, durch deren
lange Gasse man hindurchmußte, um zum Haupttor zu gelangen. Ja,
ein Tor zur Wüste. Das war schon was. Und weil da ein so schöner
langer Zaun war und ein so schönes großes Tor stand, mußte
man für die Wüste auch gleich noch dreißig Yuan bezahlen,
wie nett. Wahrscheinlich wird sie dafür täglich einmal für
die Gäste gefegt oder es werden Muster in den Sand geharkt. Ich konnte
nicht ganz verstehen, warum man nun für die Wüste 30 Yuan bezahlen
mußte, ohne Studentenrabatt ("Hier zahlen alle 30 Yuan, auch
Studenten."). Dabei hatte ich diesmal an den Studiausweis gedacht...
Als wir durch das große Tor schritten, begegneten uns gleich Getränkeverkäufer
und Kameltreiber, die immer etwas von 20 Yuan riefen. Sie wollten einen
die paar hundert Meter bis zu der nahegelegenen Oase reiten lassen. Ich
rief bloß zurück, daß ich doch aber kein Kamel kaufen
wolle, das verstanden sie dann schon.
Ich sah nur noch Sand. Frohen Mutes, die Schuhe fest geschnürt, die
Jacke gut geschlossen, stapften wir los, den Hügel nehmend. Naja.
Es war ein bißchen übermütig gewesen, die sechshundert
Meter hohen Berge einfach so hinaufzustürzen. Der Sturm, der hier
herrschte, machte einem das Laufen schwer. Sand wirbelte einem um die
Ohren, man konnte kaum die Augen öffnen, atmen war keine leichte
Sache mehr. Jeder Schritt versank im Sand und schob einen wieder um einen
halben Schritt zurück. Auf der halben Strecke konnte ich nicht mehr.
Es war so mühsam, vorwärtszukommen. Und Stehenbleiben ging auch
nicht, hinsetzen auch nicht, es war wie Rudern gegen den Sturm.
Dann kam mir der Gedanke, daß es vielleicht einen Sinn hatte, daß
die Menschen, die ich vorher hatte hochlaufen sehen, genau auf dem Bergkamm
liefen. Das versuchte ich auch und das war auch die Lösung zu unserem
Problem. Der Bergkamm, der zur Spitze führte, war etwas fester. Allerdings
blies der Wind hier entsetzlich stark. Schritt für Schritt kämpfte
ich mich gen Spitze. Dort endlich angekommen, konnte man sich kaum freuen:
Der Wind und der Sand, als Gemisch, waren so fürchterlich, daß
man nicht wußte, in welche Richtung man sich drehen sollte, damit
das aufhörte. Ab und zu, zwischenzeitlich ließ der Sturm nach
und in diesen Momenten zückten wir die Apparate und knipsten Fotos.
Der Sand in den Apparaten sollte sich noch Jahre halten…
Unten, hinter mir lag das große "Tor zur Wüste" und
die Stadt, vor mir die Wüste mit einem Ausmaß von 40 mal 20
km. Richtung Westen, rechts den Berg hinunter sehend, erkannte man eine
Oase. Sie sollte das nächste Ziel sein. Und also rannten, stürzten,
sprangen, rutschten wir den weichen Sandberg wieder hinunter, den wir
uns heraufgequält hatten.
Die Oase bestand aus einem Gebäudekomplex im chinesischen Stil mit
einem Turm in der Mitte und einem Wasserreservoir, dem Halbmondsee (YueLiang
Hu). Sein klares Wasser wurde umrahmt von Schilf und paßte wunderschön
so in die Wüste, ein schöner Gegensatz. Wir tranken noch einen
BaBaoCha (Acht Kostbarkeiten-Tee) und ich leerte meine Schuhe von dem
Sand, denn meine Füße hatten keinen Platz mehr darin. Ich hätte
einen Sandkasten bauen können, auch in der Jacke saß der Sand
überall fest. Schließlich fuhren wir mit dem Taxi zurück
ins Hotel. Am Abend ging es auf den Nachtmarkt zum Essen. Die Leute dort
waren sehr freundlich. Wir erhielten sogar besondere Preise. Wir durften
mehr bezahlen als andere. Der Unterschied war jedoch sehr gering und dafür
erhielten wir ganz besonderen Service, man redete mit uns und unterhielt
uns sehr nett...
Nach einer Nacht in weichen, durchgelegenen Betten ging es morgens um
acht zu den MoGaoKu-Grotten, der bekanntesten Touristenattraktion Dun
Huangs. Hier funktionierten die Studentenausweise glücklicherweise
wieder, denn der Eintritt hätte sonst 66 Yuan gekostet.
Die Grotten konnten nur im Rahmen einer Führung besichtigt werden.
Ich verstand von dem, was die Führerin dort erzählte, nicht
allzu viel. Sie brachte den anderen chinesischen Touristen den drittgrößten
sitzenden Buddha Chinas und die bunten Malereien in den einzelnen Höhlen
nahe. Der Riesenbuddha maß 35 mal 12 Meter, ein sitzender Gigant
in einer Höhle. Um etwas in den Höhlen zu sehen, braucht man
Taschenlampen, schlechte kann man sich dort ausleihen, ansonsten sollte
man eine mitbringen. Meinen Fotoapparat durfte ich nicht mit reinnehmen,
sie sind in den Grotten wahrscheinlich zum Schutz der Farben der Malereien
verboten. Auf dem Gelände konnte man auch noch ein Museum besuchen,
das tibetische Bronzeskulpturen, Gemälde und andere Kunstobjekte
zeigte. Auch Wandmalereien wie in den Höhlen konnte man hier sehen.
Der eine Wachmann konnte uns nicht am Fotografieren hindern, das heißt,
der hat nichts bemerkt. So hat man wenigstens noch einen Eindruck von
den Malereien in den Grotten, denn die hatten ähnlich ausgesehen.
Alles in allem war Dun Huang wegen des Erlebnisses in der Wüste die
superanstrengende Fahrt wirklich wert. Auch die Grotten kann man sich
anschauen, allerdings sind sie touristisch erschlossen und manchmal fühlt
man sich ein bißchen fehl am Platze.
Am nächsten Morgen frühs, nach nicht einmal einem Tag in Dun
Huang fuhren wir mit einem schnelleren Bus wieder nach Jia Yu Guan zurück,
von wo aus ein Zug einen Tag später nach Chengdu zurückfahren
sollte. Leider hatte der Bus irgendein Problem mit der vorderen rechten
Radachse. Es knallte plötzlich mitten in der Steinwüste und
die Mannschaft stand da. Alle stiegen aus. Ich war auch ein bißchen
froh, weil ich endlich eine Pause brauchte. Der Fahrer war wieder einmal
gefahren, wie Chinesen meistens fahren - ohne Verstand und risikoreich.
Seltsamerweise bekamen der Fahrer und der Begleiter es wieder hin. Sie
hämmerten vorn unter dem Auto herum und dann ging es doch tatsächlich
weiter. In Deutschland wäre der Bus sofort aus dem Verkehr gezogen
worden, hier wird nur provisorisch gehämmert. Der Bus hing noch ein
bißchen vorn über, aber trotzdem fuhren wir wieder wie die
Besessenen mit Höchsttempo weiter.
Als es dunkel war, kamen wir nach Jia Yu Guan zurück und nahmen einen
Bus zum Bahnhof, in dessen Nähe wir ein Hotel suchen wollten, denn
am nächsten Morgen, Montag, dem 9. Oktober um sieben ging der Zug
nach Chengdu zurück. Wir hatten RuanWo gebucht, das sind weiche Betten,
das teuerste, aber das einzigste, das noch zu haben war. Das, was wir
dann als Hotel nahmen, war eine "Herberge" in erbärmlichem
Zustand. Die Toiletten waren unzumutbar, es war kalt und die Betten waren
hart. Aber die letzte Nacht kostete so nur 15 Yuan, Versuche, den Preis
den "ausländischen Gästen" anzupassen, scheiterten
an unserem entschiedenen Widerstand und unseren guten Ohren, die den Preis
bereits vorher herausgehört hatten. Die Nacht war kalt und hart,
meine Rückenschmerzen von den Betten blieben mir noch eine Woche
lang erhalten.
Am nächsten Morgen starteten wir durch nach Chengdu.
Nach 38 Stunden stand ich wieder vor meinem Wohnheim und war zurück
von der insgesamt rund 5600 Kilometer langen Reise, die ich in nur etwas
mehr als neun Tagen zurückgelegt hatte.
nach oben |
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